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Warum wir keine Awarenesskonzept-Vorlage anbieten

Ein kleiner Text über Awarenesskonzept-Vorlagen

Ehrlich gesagt weiß ich nicht genau, wie der Google Algorithmus funktioniert. Also, dass da „Leipzig“ nicht ganz zufällig steht habe ich schon verstanden, aber inwiefern die anderen Ergebnisse an mich angepasst* sind oder tatsächlich das darstellen, was am häufigsten gegoogelt wird, kann ich nicht beurteilen. Was mich gewundert hat: „Awareness Konzept Vorlage“ erscheint schon als drittes Ergebnis. Die gefundenen Seiten sind dann unterschiedlich gut, insgesamt aber eher mau. Vor allem mit 207.000 Suchtreffern sehr wenige. Besonders im Vergleich zu den Platzhirschen der Vorlagen: „Lebenslauf“, „Bewerbung“und „Kündigung“  die alle im oberen Millionbereich liegen, aber das ist ja auch kein Wunder. Wahrscheinlich brauchen die meisten mal einen Lebenslauf, ein Awarenesskonzept aber vielleicht nicht unbedingt.

„Hast du nicht mal...“

Gleichzeitig passiert das schon auch häufiger: Personen wollen eine Veranstaltung machen und fragen mich, weil ich sowas schon mal gemacht habe, ob ich nicht ein Konzept hätte, das man vielleicht übernehmen könnte. Und klar habe ich ein Konzept. Vielleicht habe ich auch ein paar mehr; aber ein gutes Gefühl, die zu teilen, habe ich vielleicht nicht.

Und dabei geht es mir gar nicht um irgendwelche Rechte am Text. Die sind zwar klar auch wichtig, aber ein Awarenesskonzept sollte meiner Meinung nach ohnehin öffentlich kommuniziert werden, damit alle wissen woran sie an diesem Abend sind: Ob es ein Team gibt, woran man die erkennen kann, wo die sind und warum sie wie handeln. Vielleicht auch in einer Langversion zum Nachlesen und in einer kurzen gut verständlichen Version mit Keyfacts für den Abend.

 

 

 

One shoe fits all...

Es reicht eben nicht 2-20 Seiten zu haben, auf denen dann irgendwas steht, was ja auch irgendwie nach Anleitung aussieht. Anders als bei IKEA kann im Zweifel niemand gerufen werden, der*die, dass dann am Ende zusammenbastelt wenn du mit der Komplexität der Aufgabe überfordert bist***. Was ich sagen möchte: Obwohl die Arbeit von Awarenessteams sich bei vielen Veranstaltungen ähnelt und bestimmt auch nicht immer das Rad neu erfunden werden muss, ist es wichtig, sich vorher zu überlegen, was die Voraussetzungen einer guten Awareness bei der bestimmten Veranstaltung sind.

Es gilt sich über viele Dinge wie den Raum, das Team, die Kommunikation am Abend, das Publikum und die strukturellen Rahmenbedingungen Gedanken zu machen. Und da macht es beispielsweise schon einen riesigen Unterschied, ob die Security mit der zusammengearbeitet wird, mit zum Team gehört und vielleicht schon eine Schulung bekommen hat oder, ob es externe Dienstleister*innen sind, die nicht mal Zeit für ein kurzes Briefing im Vorfeld haben.

 

...but Cinderella

Und selbst, wenn alles haargenau gleich aussieht: Ist es das wirklich? Sind unsere Arbeitsbegriffe von Gewalt und Diskriminierung dieselben? Im Konzept stand „Definitionsmacht“ aber was heißt das für uns an diesem Abend? Wie läuft das mit dem Hausrecht eigentlich?

Für Awareness braucht es nicht nur ein Konzept sondern auch eine Auseinandersetzung mit Inhalten. Immer wieder werden, vor allem an linken und alternativen Orten Phrasen wie „No Sexism, No Racism, No Homophobia“ wiederholt, und diese klare Positionierung ist erstmal richtig cool, aber wenn ich das Gefühl habe, dass das nur geschrieben wird, weil man das eben schreibt, trägt es eher weniger zu meinem subjektivem Sicherheitsgefühl bei. Es ist an dieser Stelle wichtig auch darüber zu reden, was mit diesen Begriffen gemeint ist. Auch, wie diese Diskriminierungsformen im Nachtleben aussehen und wie sinnvoll damit umgegangen werden kann. Oft liegt ein Fokus sehr auf den Besuchenden an diesem Abend, die erste Zielgruppe sollte aber vielleicht das Team sein. Wer ist an der Veranstaltung beteiligt? Wer plant mit? Wer ist auf der Bühne/ am DJ-Pult und wer hinter der Bar? Wer ist wie sichtbar und welche gesellschaftlichen Positionierungen finden sich im Awareness-Team wieder?

Nicht zuletzt geht es hierbei auch um Machtverteilung. Und wenn das Ziel ist, Betroffene zu empowern, sollte das am Ende nicht daran scheitern, dass die Befugnisse an dem Abend schlecht verteilt sind.

Dafür braucht es ein gemeinsames Verständnis und das Herzustellen ist oftmals eine leider ganz schön große aber notwendige Aufgabe.

Wenn diese Auseinandersetzung passiert ist und alle relevanten Akteur*innen entsprechend mit im Boot sind, ist das Ausformulieren von ein paar Seiten auch kein Problem mehr. Und dann kann man von mir aus auch gerne mal schauen, was die anderen so geschrieben haben, schließlich kann man auch beim Abschreiben noch eine Menge lernen.

 

 

* Oder geht es gar nicht um mich, sondern die Initiative Awareness, die in einem Beitrag von Brisant zuletzt „Awareness Leipzig“ genannt wird?

** Und die Polizei sollte, soweit möglich, nie die Lösung sein.

Autor:in

Toschka

Lesezeit

10min

Datum

June 22, 2023

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